Android - Auch in 2017 noch Mist

Disclaimer: Das hier ist nur meine Meinung. Ihr seid hier auf einem persönlichen Blog. Niemand zwingt euch, sie zu lesen. Vielen Dank.

Ich mag Android nicht. Aber ich mag auch nicht, wenn Leute stur von ihrer Meinung überzeugt sind, die sie sich schon vor Jahren gebildet haben. Ich weiß, dass es schwer ist, von seiner Meinung abzulassen und ich weiß auch, dass ich ein Sturkopf bin. Trotzdem versuche ich, mich selbst immer wieder vom Gegenteil zu überzeugen um ein etwas offeneres Weltbild zu bekommen.

Deswegen - und weil iOS immer schlechter wird - lege ich mir alle paar Jahre ein Android-Smartphone zu, obwohl ich mein iPhone eigentlich mag. Aber da nach jeder neuen Android-Version immer von den Android-Fanboys behauptet wird “ja, früher wars kacke, aber Android X ist jetzt viel besser”, denke ich mir “vielleicht ist es ja jetzt besser als iOS”. Und das fände ich wirklich cool. Schließlich hat Android sehr viele Vorteile. Es ist offen, anpassbar und man hat gerade als Entwickler und Nerd sehr viele Möglichkeiten. Ich verkaufe also alle paar Jahre mein iPhone und lege mir ein Android-Flaggschiff zu. In der Vergangenheit waren das:

  • HTC Dream (G1) in 2008
  • HTC Desire in 2010
  • Samsung Galaxy Nexus in 2011
  • LG Nexus 4 in 2012
  • HTC One in 2013
  • Motorola Moto X in 2013
  • OnePlus One in 2014
  • Huawei P10 in 2017

Wie man sieht habe ich eine Tendenz zu HTC, habe aber durchaus auch andere Marken ausprobiert. Jedes dieser Smartphones hatte ich mindestens ein paar Monate. Ich habe sogar Apps für Android entwickelt. Ich gehe also davon aus, dass ich von Android ein wenig Ahnung habe und die Entwicklung gut mitverfolgen konnte. Und deswegen stimme ich den Fanboys zu. Android ist wirklich mit jeder Version wesentlich besser geworden. Mittlerweile sind wir sogar an einem Punkt, an dem es schon fast (für mich) benutzbar ist. Zufrieden bin ich aber leider noch immer nicht.

Zugegeben, meine Ansprüche an ein Smartphone sind unglaublich hoch. Ich kenne kaum jemanden, der in diesem Bereich so penibel is wie ich. Allerdings erwarte ich ein absolut reibungsloses System, wenn ich dafür mehrere hundert Euro hinlege. Und genau das kann Android leider noch immer nicht.

Aktuell besitze ich das Huawei P10 mit drei Kameras, einem FullHD-Display, 4 GB Arbeitsspeicher, 64 GB Storage, 3200 mAh Akku und einem 8-Kern-Prozessor. Abgelöst hat es mein iPhone 6 mit zwei Kameras, einem Nicht-FullHD-Display, 1 GB Arbeitsspeicher, 64 GB Storage, 1810 mAh Akku und einem Dual-Core-Prozessor.

Das lassen wir uns erstmal auf der Zunge zergehen. 4 GB vs. 1 GB Arbeitsspeicher. 3200 mAh vs. 1810 mAh und 8 vs. 2 Kerne. Und trotzdem lief mein iPhone 6 wesentlich flüssiger als mein Huawei P10 und hatte dazu auch noch eine vergleichbare Akkulaufzeit. Was zum Teufel ist also falsch mit Android? Liegt es daran, dass Huawei eine eigene Oberfläche auf Android aufgespielt hat, welche kleine Anpassungen hat? Möglich. Liegt es daran, dass Android auf Java setzt, während iOS auf Objective-C setzt? Vielleicht. Liegt es daran, dass Apple viele Patente hält, die Android einschränken? Vermutlich. Liegt es daran, dass Android wesentlich mehr Freiheiten bietet und die Apps deswegen nicht so eingeschränkt sind? Ziemlich sicher. Liegt es daran, dass iOS nur eine ausgewählte Anzahl an Hardware unterstützen muss, Android aber alles? Garantiert.

Wenn man diese Punkte anspricht, gibt es unzählige Gegenargumente: Wer Freiheiten will muss Abstriche machen; Android ist trotzdem günstiger; Java ist besser als Objective-C; Apples Firmenpolitik ist scheiße; etc.

Aber wisst ihr was? Es ist mir egal. Ich erwarte von einem 600 Euro Smartphone wie dem Huawei P10, dass es herausragend ist. Ich erwarte, dass es beim Scrollen nicht ruckelt. Ich erwarte, dass die Animationen flüssig sind. Ich erwarte, dass die Akkulaufzeit mindestens einen Tag beträgt. Ich erwarte, dass das Handy nicht plötzlich neu startet. Ich erwarte, dass Telefonie, WLAN, GPS und Bluetooth zuverlässig funktionieren. Aber in den vergangenen 9 Jahren wurde ich in jedem dieser Punkte von Android enttäuscht. Ja, die Fehler sind wesentlich weniger geworden. Telefonie, WLAN, GPS und Bluetooth funktionieren heutzutage fast perfekt. Die meisten Animationen sind mittlerweile auch flüssig in der Ausführung, trotzdem gibt es immer wieder Kleinigkeiten, die mich stören.

Scrolling

Es gab bisher keinen Langzeit-Android-Nutzer mit dem ich gesprochen habe, der verstanden hat, was ich mit “das Scrolling unter Android fühlt sich nicht smooth an” gemeint habe. Keinen. iPhone-User dagegen wissen sofort, was ich meine. Wieso? Weil das Scrolling unter Android smooth ist. Keine Frage. Aber unter iOS ist es noch smoother. Ist einfach so. Guckt es euch an. Unter iOS sieht es aus, als würde man eine Seite mit dem Finger verschieben. Es fühlt sich real an. Unter Android sieht es aus, als würde man auf einem Tochscreen scrollen. Es ruckelt nicht wirklich, aber es fühlt sich unecht an. Wieso? Weil Android und iOS andere Scrolling-Techniken verwenden - und das merkt man einfach.

Animationen

Mit dem neuen Material Design setzt Android ganz stark auf Kontinuität. Elemente dürfen nicht mehr aus dem Nichts auftauchen und müssen immer einen Ursprung haben. Das klappt in der Regel auch ganz gut. Bis es dann halt nicht mehr klappt. Ein Beispiel ist WhatsApp. Wenn die App nicht im Arbeitsspeicher ist, und man eine Benachrichtigung bekommt, kann man mit Drücken darauf sofort zum Chat springen. Klickt man dann auf den “Zurück”-Button, um auf die Kontaktliste zu kommen, gibt es die typische “Seite zurück”-Animation. Die aktuelle Seite verschwindet nach rechts, und die vorherige Seite liegt darunter. Nur blöd, dass diese noch nicht gerendet wurde. Stattdessen blendet Android zu einem schwarzen Bildschirm über. Nach ein paar Millisekunden ist das Rendering fertig und die Kontaktliste poppt auf.

Das stört mich.

Stabilität

Android läuft mittlerweile sehr stabil. Es gibt keine spürbaren Memory-Leaks und das System bleibt auch nach langer Uptime noch sehr zuverlässig. Bis es dann plötzlich neu startet. Einfach so. Weil halt.

Manchmal merkt man das gar nicht. Aber es tut es.

Verlässlichkeit

Ein großer Vorteil gegenüber iOS ist, dass Apps unter Android auch im Hintergrund arbeiten können. Google Photos kann zum Beispiel Fotos hochladen, wenn die App geschlossen ist und Spotify kann Songs herunterladen, wenn man die App in den Hintergrund verschiebt. Bei iOS werden die Apps nach ca. einer Minute lahmgelegt.

Das Problem ist, dass Android je nach Lust und Laune beschließt, Apps mit wichtiger Hintergrundarbeit zu beenden. Zum Beispiel, wenn der Arbeitsspeicher voll ist. Das hat zur Folge, dass wichtige Benachrichtigungen aufgrund schlechter Implementierung seitens der App-Entwickler nicht angezeigt werden, oder das Bluetooth-Armband nicht mehr synchronisiert. Als Workaround haben viele App-Entwickler eine Sticky Notification, welche immer im Notification Center zu sehen ist. Dadurch beendet Android die App nicht und sie kann ihre Dienste verrichten. Gar nicht so doof. Nur dumm halt, dass man nach kurzer Zeit den Bildschirm mit permanenten Benachrichtigungen voll hat, die absolut keinen Mehrwert bieten.

Das Ende vom Lied: Ich kann mich auf keine App auf meinem Handy verlassen. Manchmal bekomme ich Benachrichtigungen nicht, weil der Push-Service beendet wurde. Manchmal synchronisiert mein Armband nicht. Manchmal führt Tasker meine Aktionen nicht aus. Manchmal bekomme ich keine Erinnerung. Kurzum: Ich muss alles selber checken. Unter iOS funktioniert das erstaunlicherweise trotz dieser Restriktion der Apps wesentlich besser.

Sicherheit

Ein offenes System bringt zwangsweise auch mehr Angriffsfläche. Das wurde mittlerweile unter Android endlich auch gelöst wie unter iOS. Statt bei der Installation eine Liste aller möglichen Aktionen aufzulisten, die sich sowieso niemand durchliest, wird jetzt nach Erlaubnis gefragt, wenn es soweit ist. Allerdings kann jede App Benachrichtigungen ohne Nachfrage schicken. Diese müssen dann erst über die Systemeinstellungen deaktiviert werden. Und sobald eine App Dinge cachen möchte, wie zum Beispiel so ziemlich jedes Spiel, wird Zugriff auf die SD-Karte benötigt. Einerseits logisch, andererseits führt es das Konzept aber auch ad absurdum. Woher weiß ich denn, ob die App nun all meine Bilder in die Cloud pumpen will, oder ob sie lediglich ein paar Dateien zwischenspeichern möchte?

Fazit

Android wird mit jeder Version besser (und interessanterweise auch restriktiver - ob das wohl zusammenhängt?) - aber bis es auf einem Level mit dem iPhone ist, dauert es noch eine ganze Weile.

Ich für meinen Teil werde in Zukunft also vermutlich wieder auf iOS umsteigen. Da ich mit meinem Smartphone nur alltägliche Dinge mache, reicht mir die eingeschränkte Welt von Apple völlig. Ich möchte keine Custom ROMs mehr flashen. Was ich möchte ist Stabilität, Sicherheit, Verlässlichkeit und eine harmonisierende Oberfläche.

Ich habe über die Jahre alles ausprobiert. Ich habe Custom ROMs geflasht, ich habe Stock, Vanilla und Custom Android von vielen verschiedenen Herstellern ausprobiert. Ich habe meine Smartphones gerootet oder sie ohne Root verwendet. Nichts hilft. Es ist weder die Schuld von angepassten Oberflächen, noch die Schuld von irgendwelchen Hardware-Herstellern. Egal ob Nexus, HTC, LG, Samsung oder sonst wer, Android hat Probleme, die tief in das grundlegende Konzept des Systems reichen und es wird dauern, bis diese behoben werden.